Fortsetzung des Beitrages der Kümmerin der Projektgruppe, Frau Maria Steffens aus der Ausgabe 07/2021 dieser Heimat- und Bürgerzeitung
Der Winter – wie er früher war!
(Teil 2)
In meiner Kindheit musste ich lernen und anfangen Kühe mit der Hand zu melken. Das war gar nicht so einfach. Bei meinen Versuchen trippelten die Kühe hin und her, der Melkstuhl kippte um, aber Milch kam keine. Endlich hatte die „Pumptechnik raus. Schöne warme Milch kam aus dem Euter und ich war stolz, wieder etwas dazu gelernt zu haben. Die frische Milch wurde in eine Zentrifuge geschüttet, die dann durch Drehen die Milch zu Magermilch machte und den Rahm trennte. Die Magermilch wurde getrunken oder an die Tiere verfüttert. Der Rahm floss in Tontöpfe, die an den warmen Herd gestellt wurden, damit der Rahm fest wird.
Dann konnte aus dem steifen Rahm die gute, süße Butter geschlagen, geformt und eventuell auch verkauft werden. Das war echte „gute Butter“ und diese auf selbstgebackenes Brot gestrichen, war ein Gedicht! Später entstanden Molkereien, wo wir die Milch abliefern konnten mit nummerierten Milchkannen. Der „Fabesch Hanni“ aus Boos holte sie mit seinem Lastwagen am Morgen in der Dorfmitte ab und brachte sie abends entleert zurück. Viele Jahre später war es ein Tankwagen, der die Kannen mit der gekühlten Milch leersaugte und die Literzahl angab. Dazu hatten wir dann große Kannen mit Fahrgestell. Wir gingen mit der Zeit und bekamen eine elektrische Melkanlage, die vieles vereinfachte, aber trotzdem bedient werden musste.
Im Winter wurde auch das ganze Handwerkszeug, das man im Jahr hindurch brauchte, repariert, geölt und geschmiert. Die Wagenräder wurden gerichtet, aufgepumpt oder durch Neue ersetzt. Die Sense musste auch gerichtet werden, der Handrechen aus Holz hatte seine „Zähne“ verloren. Auf Wunsch machte damals „Thelens Jupp“ sehr schöne neue Rechen von Hand, die wir liebend gerne kauften. Gutes Handwerkszeug ist das A und O. Jupp machte uns auch in der armen Kriegszeit aus großen Gummireifen ganz tolle Sandalen für den Sommer. Wir waren stolz darauf.
In guten Jahren konnten wir auch Kartoffeln in die Stadt verkaufen, die wir in der Scheune lagerten. Diese wurden im Winter säuberlich in Säcke zu je einem Zentner gefüllt zum Abholen.
Weil wir ja nur mit Holz heizen konnten, musste im Winter auch das Holz abgemacht werden. Wir hatten eigenen Wald und die Bäume mussten vor dem Januar gefällt werden, ehe der Saft wieder ins Holz stieg. „Am Tag von Fabian und Sebastian (20.01.), fangen die Bäum ze safte an“, sagt eine alte Bauernregel. Im Frühjahr sägten wir die Bäume zu Meterstücken, rissen das Rundholz auf und setzten die Keile in Klaftern auf zum Trocknen. Im Sommer konnte es dann nach Hause geholt werden zum Kleinsägen und Spalten.
Für die Frauen war der Winter auch die einzige Zeit, in der man sich ans Spinnrad setzte, um die schöne Schafswolle zu Garn zu spinnen. Daraus wurden dann warme Socken, Handschuhe, Pullover und sogar warme, gesunde Unterwäsche gestrickt. Das war Natur pur!
Nachtsheim hatte viele Jahre einen Schäfer mit einer großen Schafherde, wo wir dann die gute Wolle kaufen konnten. Viele Frauen und Mädchen konnten geschickt feine Sache häkeln und stricken. Damals waren auch die Pullover und Strickwesten mit schönen Mustern in Mode. Den Ideen waren keine Grenzen gesetzt.
Ab und zu reichte im Winter auch die Zeit, um eine spannendes, schönes Buch zu lesen, das man sich in der „Borromäus-Bücherei“ ausleihen konnte im alten Pfarrsälchen Nachtsheim. Dort probte auch der Kinderchor und der Raum musste durch einen großen Gußofen beheizt werden. Die Bücherei haben wir später mit einigen Mädchen jahrelang betreut bei den Ausgaben, Bücher neu einbinden, nummerieren, neue Bücher kaufen, vor allem die Ein- und Ausgaben tätigen. Die Hauptlesezeit war ja im Winter für uns alle, auch für die Kinder.
Trotz der ärmlichen Zeit waren wir froh, glücklich und zufrieden mit dem, was wir hatten. Der Zusammenhalt war ehrlich und herzlich. Jeder kannte jeden und dadurch wurde die Nachbarschaft mehr gepflegt als heute. Nach Feierabend hatte man früher im Winter auch oft noch Zeit für ein Schwätzchen nebenan.
Wir mussten nicht hungern, hatten warme Kleidung und vor allem ein Zuhause und damit die Geborgenheit der Familie.